Gefangen oder frei?
Kein majestätischer Orgelklang
keine Luther-Choräle
keine weiße Hostie
kein goldener Kelch
weder steifes Beffchen noch kunstvoll bestickte Stola
ohne detaillierte liturgische Inszenierung und ohne wohlgesetzte Predigt
weder geschmeidige Lobpreisgesänge noch poppiger Kirchenrock
auch kein modernes religiöses Liedgut – sondern alte Negro Spirituals im schlichten gotischen Ambiente des Kreuzgangs der Reglerkirche, der getaucht war in sanftes, unaufdringliches Kerzenlicht.
Ein Apéro zu Beginn, zum zwanglosen ankommen und plaudern
ein Glas Wein, ein Schluck Saft oder Wasser
dazu Käse, Trauben, Erdbeeren, Brot.
Dann – im Zentrum des Geschehens – keine Pfarrerin, keinPriester:
statt dessen zwei passionierte Musiker mit Gitarre und Banjo: Tumblin‘ Folk – unplugged. Und ein kleiner Tisch mit einem Kreuz und einer Bibel darauf.
Daraus ein Wort, nur wenig Deutung und Erklärung, eher Erfahrung;
Stille zum nachklingen lassen, ein Gebet, eine Segensbitte –
Begegnung und Gespräch.
Kann aus diesen Zutaten ein Gottesdienst werden?
Würde so etwas Interesse finden?
Es hat erstaunlich zahlreiches Interesse gefunden
und ist ein anderer Gottesdienst geworden
kein Abendmahl, keine Messe zugegebenermaßen, aber auch kein Konzert und keine Dinnerparty. All das sollte es auch nicht werden.
ACROSS wollte es werden, etwas darüber hinaus, offen für alle, quer durch die Überzeugungen und Generationen, etwas Anderes, jenseits von allem Vorgeschriebenen, über die Grenzen des Üblichen, des Vorgegebenen, des Gewohnten hinweg. Einfach etwas, das der Seele guttut.
Nicht laut und großartig, sondern einfach und einladend:
Ein Anfang – hoffentlich.
Ein Experiment, das Mut und Lust macht auf mehr.
Abendmesse mit Augustinern aus dem Kongo
Klatschen, Trommeln, Jauchzer und Schreie, rhythmisches Wiegen des Körpers, ausladende Gesten, kongolesische Musik, tanzende afrikanische (und sogar deutsche – man höre und staune!) Priester – recht ungewohnte Elemente für eine Heilige Messe, zumindest in unseren Breiten. Und das Ganze noch in einer völlig fremden afrikanischen Bantu-Sprache: Lingala, die Sprache des kongolesischen Messritus – ursprünglich „Rite Zaïrois“ genannt, als der Kongo, das Land im Herzen Afrikas, noch Zaïre hieß. Dort wurde diese Art Gottesdienst zu feiern in den 70er Jahren entwickelt und 1988 offiziell von Rom anerkannt. Ein nach allgemeiner Einschätzung wegweisendes Beispiel von gelungener Inkulturation römisch und westlich geprägter Liturgie in den afrikanischen Kontext.
Die Schar derer, die sich von solch exotischen Zumutungen nicht abschrecken ließen, war erstaunlich groß. Die Neugier auf Unbekanntes siegt im Zweifelsfalle offensichtlich doch über die Angst vor dem Fremden. Es dauerte nicht lange, bis die tropische Lebensfreude auf die eher zurückhaltende und spröde deutsche Seele übersprang und sich ein Hauch von afrikanischer Begeisterung in der Reglerkirche ausbreitete. Und es hat allen sichtbar Freude gemacht, sodass danach beim Zusammensein und Gespräch in der Reglerkirche bei einem Glas Wein oder Saft sogar der Wunsch nach Wiederholung laut wurde.
P. Gauthier Tange aus Isiro / Province Orientale als Hauptzelebrant und Jean-Baptist Zeke aus Kikwit / Bandundu an der Trommel waren die Hauptakteure – zwei Mitglieder der werdenden Augustinerprovinz in der Demokratischen Republik Kongo. Ihnen vor allem noch einmal ein herzliches „Merci mingi“. Sie studieren und wirken zur Zeit in Belgien.
Wir Erfurter Augustiner hatten sie eingeladen, mit uns das Fest des hl. Possidius, Wegbegleiter und Biograph des hl. Augustinus und Patron der Augustiner im Kongo, im kongolesischen Stil zu feiern.
Als der Orden im 13. Jahrhundert gegründet wurde, war ein Novum der „Mendikanten“, wie man Dominikaner, Franziskaner, Karmeliten, Augustiner und Serviten nennt, die demokratische Struktur, die man mit dem Zunftwesen teilte. Obere werden in diesen Orden nicht einfach ernannt, schon gar nicht auf Lebenszeit! In einem aufwändigen Prozess werden Kandidaten gesucht und für eine Amtszeit von vier Jahren gewählt. Wiederwahl ist nur einmal möglich, danach braucht es zumindest eine Pause vom Amt.
Die Amtszeit des bisherigen Provinzials P. Alfons Tony OSA läuft am 10. Juni aus. Dann wird der nun bereits gewählte neue Provinzprior P. Lukas Schmidkunz OSA das Amt von ihm übernehmen. Der Präses des Kapitels P. Generalassistent Franz Klein OSA wird ihm das Provinzsiegel überreichen. Anschließend wird P. Lukas das Glaubensbekenntnis vor den in Nürnberg zum Kapitel versammelten Brüdern sprechen, die ihm anschließend den Friedensgruß wünschen werden. Mit diesen einfachen Gesten wird P.Lukas zum „Ordinarius“ für die gut 50 deutschen Augustiner.
In Erfurt gab es zunächst ein Aufatmen, dass die beiden hiesigen Kandidaten Matthias und Jeremias nicht gewählt wurden. Denn mit der Wahl zum Provinzial wäre der Umzug nach Würzburg verbunden gewesen. Aus rechtlichen und organisatorischen Gründen muss nämlich der Provinzobere in Bayern seinen Sitz haben.
Aber noch sind nicht alle Karten gemischt. Die Osterwoche im Kloster Himmelspforten (Würzburg) war nur Auftakt und „Vorspiel“ des eigentlichen Kapitels, das in der Woche nach Pfingsten im Nürnberger Caritas-Pirckheimer-Haus gefeiert wird. Dort geht es dann weiter mit der Wahl des Definitoriums, das den Provinzial unterstützt. Danach werden die Anträge beraten und abgestimmt werden. Zu Erfurt wird es ein Votum brauchen, unsere Präsenz hier fortzusetzen und eventuell den Konvent „kanonisch“ zu errichten. Derzeit hat die Gemeinschaft hier noch den Projektcharakter.
Nach dem Hauptkapitel in Nürnberg wird es noch einen dritten Teil geben, bei dem die neue Provinzleitung zusammen mit dem alten Provinzial berät, welche personellen Veränderungen in der Provinz zum Wohl des Ganzen vorgenommen werden müssen. Im Vorfeld laufen schon längst die Gespräche von P. Lukas mit den Brüdern, um verschiedene Möglichkeiten auszuloten. Am 9. Mai hat er zu diesem Zweck auch schon die Erfurter Kommunität besucht und mit allen unter vier Augen gesprochen. Es war eine sehr brüderliche Atmosphäre.
Ziel ist es, dass bis spätestens zum Augustinusfest alle Versetzungen vollzogen sind.
Wir Augustiner bitten Sie, unser Kapitel mit Ihren Gebeten zu begleiten. Veni Sancte Spiritus!
Seit Freitag vor Palmsonntag lebt Eynard Ueda in der Kommunität der Augustiner - und damit in der Baustelle Gemeindehaus. Eynard ist 35 Jahre alt und möchte Augustiner werden. Bevor er ins Noviziat aufgenommen werden kann, das frühestens im September in Maria Eich (Planegg bei München) beginnen könnte, erlebt er mit den Erfurter Augustinern den Alltag der Gemeinschaft.
Eynard hat ein sehr spannendes und bewegtes Leben hinter sich. Schon bei der einfachen Frage „Woher kommst du?“, wird es bei ihm kompliziert. Seine Wurzeln liegen in Liechtenstein und der Schweiz, in Mexiko und Japan. Stationen seines Lebens führten ihn außerdem nach Portugal, Brasilien, Kanada und Bulgarien. Wer also komplexe Lebensgeschichten nicht zu verwirrend findet, mag sich mit Eynard gerne persönlich unterhalten!
In der Osterwoche trafen sich 30 Augustiner sowie zwei Juniores als Gäste zum ersten Teil (Arbeitstreffen) des ordentlichen Kapitels 2019 im Exerzitienhaus Himmelspforten (Würzburg).
Das Kapitel wird in drei Teilen gefeiert: Nach dem Arbeitstreffen in der Osteroktav wird in der Woche nach Pfingsten das Haupt- und Entscheidungskapitel im Caritas-Pirckheimer-Haus (Nürnberg) stattfinden. Anschließend wird im dritten Teil die neue Provinzleitung zusammen mit dem bisherigen Provinzial P. Alfons Tony OSA über die Umsetzung der Kapitelsbeschlüsse und eventuelle Versetzungen von Mitbrüdern beraten und entscheiden.
Aufgaben des Arbeitstreffens waren die Sichtung der Berichte aus Provinz, Konventen und Einrichtungen der deutschen Ordensprovinz (Bibliotheken, wissenschaftliche Institute, Föderation Kongo, Stiftung der Augustiner u.a.) sowie die Öffnung der Wahlbriefe für den neuen Provinzial am Dienstag Nachmittag. Die Briefwahl erbrachte auf Anhieb ein klares Ergebnis für P. Lukas Schmidkunz OSA, dem bisherigen Prior unserer Konvente in Würzburg sowie Sekretär der Ordensprovinz. Es war kein weiterer Wahlgang auf dem Kapitel nötig. Die Brüder zogen vom Kapitelsplenum in die Kapelle des Exerzitienhauses, sangen das Lied „Nun danket alle Gott“ und entboten dem neugewählten Provinzial den Friedensgruß. P. Lukas wird sein Amt am 10. Juni (Pfingstmontag) in Nürnberg antreten – also zu Beginn des Hauptkapitels.
Der Auszählung der Wahlbriefe vorausgegangen war ein geistlicher Tag mit Impulsen von Dr. Wunibald Müller, ehemals psychologischer Leiter des Recollectio-Hauses Münsterschwarzach: „Nährende und lebendige Beziehungen in einer Gemeinschaft“. Diesen Überlegungen zugrunde liegt Müllers Buch „Intimität. Vom Reichtum ganzheitlicher Begegnung“.
Aus der Sichtung und zum Teil lebhaften Diskussion der Berichte und bisherigen Anträge an das Kapitel ergaben sich Wünsche nach weiteren Informationen für alle Kapitulares. Teilweise wurden im Anschluss Kommissionen benannt, die Beschlussvorlagen erarbeiten sollen. Manche Anträge wurden bereits neu formuliert. Beim Hauptteil werden diese Anträge dann zur Abstimmung stehen. Für Erfurt liegt ein Antrag vor, das „Projekt“ fortzuführen und ggf. den Konvent kanonisch zu errichten.
Zur Arbeitseinheit am Mittwoch Vormittag war Theo Kellerhaus geladen, der als Ansprechpartner für Opfer von eventuell erlittenem Unrecht durch Ordensangehörige (Missbrauchsbeauftragter) benannt ist. Seine Kontaktdaten können auf der Homepage der Provinz (www.augustiner.de) abgerufen werden.
Am Dienstag Abend feierte das Kapitel unter Vorsitz des scheidenden Provinzials P. Alfons die Messe für die seit dem letzten Kapitel 2015 verstorbenen neun Mitbrüder. Das Kapitel schloss am Freitag Mittag mit der Messe zu Ehren Mariens, der Mutter vom Guten Rat (26. April) unter Vorsitz des neu gewählten Provinzials P. Lukas.